Das sind jetzt wieder extrem komische Typen, mit denen sie
da durch die nächtliche Stadt laufen, findet Blues zumindest. Das sind so
Normalos, also Langweiler. Wenn auf der Party noch mehr so Typen rumlaufen,
dann wird Blues da nicht alt. Bionda hat den Kontakt klar gemacht, läuft jetzt
auch einige Meter weiter vorne und unterhält sich mit Zweien. Roth und Violet
laufen hinten, unterhalten sich angeregt, Blues hört das ungestüme Gackern von
Roth, naja, die kann sich immer über alles beömmeln. Der Dritte läuft leider neben Blues. Was will
der? Also mit smalltalk kennt Blues sich aus. Man könnte sagen, sie
ist eine elegante Unterhalterin. Das schüttelt sie schnell mal aus dem Ärmel,
amüsant und doch irgendwie distanziert plaudert sie über das Leben. So hält sie
den Langweiler bei der Stange. Eigentlich würde sie sich gerne zu ihren
Freundinnen hinten gesellen, wenn Roth so prustet, dann muss das da schon
wieder richtig lustig sein. Andererseits sind die drei Jungs ihre Eintrittskarte
zu der heutigen Party. Blues Geplauder ist der Einsatz, Bionda vorne investiert
auch, die Beiden hinten haben mal wieder freien Eintritt. Oh, Mann, der Fußweg
zur Kantstraße ist ganz schön weit, wer wohnt eigentlich so weit ab vom Schuss?
Wenn das hier noch lange geht, dann ist der Typ am Ende in sie verknallt und
sie wird ihn den ganzen Abend nicht mehr los und außerdem, was ist das hier
eigentlich für eine Gegend, alles wirkt so gediegen und aufgeräumt, hier passen
sie überhaupt nicht her. Blues verlangsamt den Schritt, damit Roth und
Violet aufschliessen können, das Gespräch
soll sich mischen, der Langweiler nicht mehr so fasziniert an ihren Lippen
hängen. Nun sind sie aber auch endlich angekommen. Bionda und die Jungs vorne
biegen nach rechts in eine Einfahrt ein, sie stehen vor einem wunderschönen
Haus, aus dem zweiten Stock dröhnt lauter Bass und sie hören das übliche
Stimmengewirr. Die Eingangstür steht weit offen, die Treppe hoch und was ist denn hier los? In
so einer Wohnung war Blues noch nie. Parkettboden, sogar Teppiche, wo soll sie
denn da mit ihrer Kippe hin? Also erstmal einen Aschenbecher suchen. Im
vorbeigehen bemerkt sie, dass sie die meisten Leute nicht kennt, manche vom
sehen, alles ist hier so adrett und fein. Nicht nur die Party, auch die
Gesichter sind so aufgeräumt. Blues fühlt sich unwohl, sie passt hier nicht
her. Sie ist dann lieber in dreckigen, versifften Kellern, wo es warmes
Dosenbier und Salzstangen gibt. Hier gibt es ein Buffet, viele haben was zu
essen mitgebracht. Sowas kennt sie eher von zu Hause, Tanten und Onkels feiern
so, ne, hier fühlt sie sich unwohl. Sie sucht nach ihren Freundinnen, sie will
wieder abhauen. Violet und Roth hat sie schnell ausfindig gemacht, die stehen
genauso blöd rum, wie Blues sich fühlt. Die drei brauchen nicht groß zu reden,
die Sache ist klar, Bionda abholen und dann vielleicht doch probieren, ob sie
in die Disco reinkommen. Oh je, Bionda hat schon wieder vier Jungs um sich rum
stehen, an ihrer Körperhaltung können
die drei Mädels erkennen, wie sehr Bionda die Situation genießt. Bionda steht
erstmal fest, das ist klar. Die drei anderen sind unentschieden, hier fühlen
sie sich unwohl, die Nacht gibt aber nicht mehr viel her, also doch noch mal
gucken, oder vielleicht abhotten, auf der Tanzfläche, aber die Musik! Welcher
Opa legt denn da auf?
Blues geht erst mal Bier holen. Oh, ah, es ist wohl
umsonst!? Sie erkundigt sich sicherheitshalber noch bei den Umstehenden nach
einer Kasse, aber ja, wirklich umsonst! Vielleicht sollten sie doch hier
bleiben. Mit den Flaschen in der Hand kehrt sie zurück zu Violet und Roth, die
jetzt am Rand der Tanzfläche stehen. Eigentlich könnte man sich hier gut
schütteln, es gibt schon einige Tänzer, aber da ist noch genügend Platz. „Jetzt
Billy Idol, I am a passenger, da könnten wir die mit einem geilen Pogo von der
Tanzfläche kicken!“, sagt Blues und verteilt das Bier. „Da läuft aber Eurythmics,
das ist Pest!“ bemerkt Roth und trinkt ihr neues Bier in einem Zug halb leer.
Nach 20 Sekunden reißt sie den Mund weit auf und lässt ihren üblichen lauten
Rülpser frei. Die drei Mädchen einigen sich, dass Violet ihr Glück beim DJ
versuchen, ihm ein paar Vorschläge zur Auswahl unterbreiten soll. Sie stehen
noch 20 Minuten an der Tanzfläche, der DJ scheint abgeneigt. Soll noch mal eine
Andere hingehen? Wahrscheinlich ist das völlig unnütz, die Leute wollen sie
hier nicht haben. Sie haben sich eine neue Abendgestaltung überlegt,
verabschieden sich von Bionda und gehen noch mal zu den Bierkästen in der
Küche. Roth füllt ihre Hände am Büffet, sie brauchen jetzt Wegzehrung, die
beiden anderen stecken Bierflaschen in alle Jackentaschen und nehmen jeweils
zwei in jede Hand. Wie um sich für das Unwohlsein zu rächen laufen sie mit
erhobenem Haupt und 12 Flaschen Bier zur Tür raus.
Eigentlich war der Plan zügig nach Hause zu gehen. Violet
hat noch Cappies, Captagon, das wollten sie einpfeifen und dann zum
Sonnenaufgang auf den Berg. Aber das viele Bier schleppt sich nicht so gut. Sie
kommen auf ihrem Weg zu einem kleinen Platz mit Kirche und Brunnen, sie setzen
sich auf die Brunnenumrandung und richten sich mit Bier und kaltem
Zwiebelkuchen gemütlich ein. Sie müssen sich jetzt, im Nachhinein, gegen die
Abneigung, die sie auf der Party gespürt hatten, wappnen. Aufgekratzt beölen
sie sich mit vollem Mund über diese Spießer. Roth findet alles schon wieder so
lustig, dass sie das Essen nicht im Mund behalten kann. Morgens um drei machen
sie hier so viel Lärm, dass die Vögel aufgeschreckt anfangen zu zwitschern.
Blues merkt, dass sie sich schon wieder unbekannte Feinde machen und will hier
weg. Sie leeren noch das angefangene Bier und ziehen weiter. Jetzt sind sie
schon ganz hübsch angetütert, jede hat noch 2 Flaschen Bier in der Hand, Captagon
wäre jetzt Perlen vor die Säue, oder heißt es für die Säue? Jedenfalls haben
sie beschlossen auf neuen Wegen geruhsam
Richtung Berg zu laufen, das Bier in den Händen tröstet sie über den verhunzten
Abend hinweg.
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