Mittwoch, 10. Dezember 2014

Das Muttertier: gelbgrün


Mich hat so eine unbestimmte Verzagtheit ergriffen. Ja, ich bin ergriffen, besonders durch das Unbestimmte hat sie, die Verzagtheit, mich fest im Griff. Und ich muss mich festhalten, sonst fange ich an zu weinen. Jetzt nicht, auch nicht bei der Arbeit, oder so, aber wenn ich nachspüre, bin ich traurig und weiß nicht warum. Gegen Trauer ist nichts zu sagen, aber ich bin so kausalgeil. Ich will den Grund wissen, also durchforste ich mein Hirn nach Vorfällen, die mich verzagen lassen könnten…was finde ich? Die Sache mit dem Kind. Tja, das kann´s sein. Die Sache ist noch nicht all zu lange her, ich spüre ja auch immer noch die Racheimpulse. In meinem Kopf heißt sie oft doofe Ziege, deutlicher Hinweis, dass ich noch nicht fertig damit bin. Und weiter geht’s mit der Diskrepanz zwischen Kopf und Bauch. Das kann ich gar nicht leiden. Mein Kopf denkt nach, oder schaut auf die Situation, das ist jetzt nicht zum Jubeln, aber alles ok: das Kind will seine eigenen Wege gehen, die Verstrickungen mit mir lösen, auch ich bin der Meinung, die Beziehung sollte klarer, sauberer werden. Also Keller aufräumen, Schuldgefühle anschauen und Leinen los. Ich bin ja auch der Ansicht, sie sollte ihre eigenen Wege gehen. Was wollte ich in dem Alter von meiner Mutter? Gar nichts!
Wenn ich jetzt so meine Verzagtheit begucke, dann habe ich den Eindruck, meine Tochter ist der Mittelpunkt meiner Welt und auch wenn ich da nicht hingucke, weiß ich, sie ist der Mittelpunkt meiner Welt. Klar will sie nicht der Mittelpunkt irgendwelcher Welten sein. Sowas mag ich auch nicht. Klar soweit. Also nehme ich mir eine andere Spielfigur und rücke sie ins Zentrum. Schön wärs, wie geht das? Ich hatte ihr schon gesagt, dass ich mich nicht, ihr zu gefallen, neu verlieben kann. Schon klar, das wäre die einfachste Lösung, Mama ist verliebt, das Kind ist raus aus dem Spiel. Als sie klein war, war es wohl gut und richtig, die Beziehung so eng zu gestalten, eine 2-Raum-Familie. Jetzt arbeiten wir einzeln an der Lösung der Situation, ich bin alt, langsam und behäbig und hinke entsprechend hinterher.
Genug vom Kopf, da ist doch sowieso alles klar, jetzt will endlich mal der Bauch gehört werden. Also, wenn ich erlaube, dass es einfach unzensiert hochschwappt, das Gefühl, dann ist da immer noch Rache. Das ist mir ja peinlich, dass ich so nachtragend bin. Und dann eben diese Verzagtheit, da ist mein Leben hinter einer grauen Gardine verschleiert. Ich weiß schon, das muss ich nur aushalten, irgendwann ist die Gardine wieder weg, so war es in den letzten Jahren meistens. Aber es ist komisch, wenn das gleiche Leben, das vor einem Monat noch schön war, jetzt nicht mehr schön ist. Meine Ziele sind die gleichen, ich muss genau schauen, um zu merken, dass sie immer noch den gleichen Stellenwert haben. Ja, klar, ich brauche einen Menschen, auf den ich meine Gefühle fokussieren kann, aber, der ist mal nicht eben aus dem Hut gezaubert. Ich weiß auch nicht so, wie man das macht, mit dem Verlieben, aber das ist jetzt nicht das Thema.

Mein Lebenszentrum ist erst mal leer, wenn ich es schaffe, das Kind da herauszurücken. Das ist nach 25 Jahren keine einfache Übung, aber ich will es versuchen. Schon wieder Kopf, der über den Bauch herrschen will. Mein Bauch lässt sich aber, glaube ich, nicht beherrschen. Er kotzt

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