Es soll bald losgehen. Sie fahren zusammen weg. Aufregend
und schön. Ihre beste Freundin Corinna steht neben Anna im Hausflur, sie
warten. Anna weiß, das kann lange dauern. Der Vater muss übers Wochenende mal
wieder dienstlich nach Bayern, das kommt ganz häufig vor. Aber heute ist es
ganz besonders, Anna fährt mit und eben Corinna. Sie hat noch nie mit Anna
einen Ausflug gemacht, geschweige denn bei Anna übernachtet. Für Anna ist das
alles ganz aufregend. Aber bisher ist nur Warten angesagt, der Vater räumt
seine Sachen zusammen, das kann ewig dauern. Dann kommt er doch nach vorne und
sagt: „so, es kann losgehen, setzt euch schon mal ins Auto!“ Ach, du Schreck,
Corinna hat ja noch gar nicht ihr Zeug beisammen. Sie kennt den Despotismus von
Anna´s Vater, also rennt sie ganz aufgescheucht mit Anna nach Hause, gegenüber,
und macht bei ihrer Mutter Alarm. Ihre Mutter ist für Alarm nicht zu haben,
aber gerne mal schnippisch: „Du bleibst zu Hause, fertig, aus.“ Für Anna bricht
alles zusammen, da braucht man nicht betteln und greinen, es ist entschieden.
Also geht sie über die Straße zurück nach Hause und lässt den Kopf hängen. Der
Vater ist gar nicht traurig, dass Corinna nicht mitkommt, er räumt noch ewig
seine Sachen zusammen, bis es dann wirklich losgeht. Anna würde jetzt am
liebsten auch zu Hause bleiben, allein mit dem Vater, das ist beängstigend.
Aber das geht nicht, sie muss nun mit, ganz ohne Vorfreude.
Sie und der Vater alleine. Niemand hinter den sie sich
ducken kann. Da muss sie aufpassen, Worte und Taten müssen gut gewählt sein,
damit kein Donnerwetter über sie hereinbricht. Doch der Ausflug verläuft ganz
unspektakulär, eigentlich sogar harmonisch. Die Nähe zum Vater ist ungewohnt,
er spricht mit ihr. In Bayern kann sie im Wald spielen, das bekannte Gelände
erkunden. Der Ort ist vertraut und doch fremd genug, dass sie sich nicht zu
sehr langweilt. Es gibt ja so Grundregeln im Umgang mit dem Vater: Klappe
halten, in Rufnähe bleiben, nichts anfassen und so. Wenn man die einhält, dann
geht es meistens. Er redet mit ihr, diese Aufmerksamkeit findet sie schön, auch
wenn sie nicht so recht versteht, worüber er redet. Dann kommt schon die
Rückfahrt. Noch mal vier Stunden neben dem Vater sitzen, die letzte Hürde, bis
sie wieder in der Familie untertauchen kann. Es ist ja doch ganz schön
kuschelig, hier vorne, neben dem Vater, die Welt gleitet mit gleichmäßigem
Brummen an ihr vorbei, das Abendlicht ist seltsam schön und der Vater redet
ganz freundlich mit ihr. So ist es schön! Sie genießt das, jetzt bloß nichts
falsch machen. Sie macht nichts falsch, denn sie schläft ein. Der Vater weckt
sie, als er den Motor auf dem heimischen Hof ausstellt. Er ist ganz freundlich
zu ihr. Sie weiß, für den Moment hat sie alles richtig gemacht.
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