Freitag, 5. Dezember 2014

Anna im Weltall mit dem Vater


Es soll bald losgehen. Sie fahren zusammen weg. Aufregend und schön. Ihre beste Freundin Corinna steht neben Anna im Hausflur, sie warten. Anna weiß, das kann lange dauern. Der Vater muss übers Wochenende mal wieder dienstlich nach Bayern, das kommt ganz häufig vor. Aber heute ist es ganz besonders, Anna fährt mit und eben Corinna. Sie hat noch nie mit Anna einen Ausflug gemacht, geschweige denn bei Anna übernachtet. Für Anna ist das alles ganz aufregend. Aber bisher ist nur Warten angesagt, der Vater räumt seine Sachen zusammen, das kann ewig dauern. Dann kommt er doch nach vorne und sagt: „so, es kann losgehen, setzt euch schon mal ins Auto!“ Ach, du Schreck, Corinna hat ja noch gar nicht ihr Zeug beisammen. Sie kennt den Despotismus von Anna´s Vater, also rennt sie ganz aufgescheucht mit Anna nach Hause, gegenüber, und macht bei ihrer Mutter Alarm. Ihre Mutter ist für Alarm nicht zu haben, aber gerne mal schnippisch: „Du bleibst zu Hause, fertig, aus.“ Für Anna bricht alles zusammen, da braucht man nicht betteln und greinen, es ist entschieden. Also geht sie über die Straße zurück nach Hause und lässt den Kopf hängen. Der Vater ist gar nicht traurig, dass Corinna nicht mitkommt, er räumt noch ewig seine Sachen zusammen, bis es dann wirklich losgeht. Anna würde jetzt am liebsten auch zu Hause bleiben, allein mit dem Vater, das ist beängstigend. Aber das geht nicht, sie muss nun mit, ganz ohne Vorfreude.

Sie und der Vater alleine. Niemand hinter den sie sich ducken kann. Da muss sie aufpassen, Worte und Taten müssen gut gewählt sein, damit kein Donnerwetter über sie hereinbricht. Doch der Ausflug verläuft ganz unspektakulär, eigentlich sogar harmonisch. Die Nähe zum Vater ist ungewohnt, er spricht mit ihr. In Bayern kann sie im Wald spielen, das bekannte Gelände erkunden. Der Ort ist vertraut und doch fremd genug, dass sie sich nicht zu sehr langweilt. Es gibt ja so Grundregeln im Umgang mit dem Vater: Klappe halten, in Rufnähe bleiben, nichts anfassen und so. Wenn man die einhält, dann geht es meistens. Er redet mit ihr, diese Aufmerksamkeit findet sie schön, auch wenn sie nicht so recht versteht, worüber er redet. Dann kommt schon die Rückfahrt. Noch mal vier Stunden neben dem Vater sitzen, die letzte Hürde, bis sie wieder in der Familie untertauchen kann. Es ist ja doch ganz schön kuschelig, hier vorne, neben dem Vater, die Welt gleitet mit gleichmäßigem Brummen an ihr vorbei, das Abendlicht ist seltsam schön und der Vater redet ganz freundlich mit ihr. So ist es schön! Sie genießt das, jetzt bloß nichts falsch machen. Sie macht nichts falsch, denn sie schläft ein. Der Vater weckt sie, als er den Motor auf dem heimischen Hof ausstellt. Er ist ganz freundlich zu ihr. Sie weiß, für den Moment hat sie alles richtig gemacht.

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